AMK Legal News powered by reuschlaw Q2/2024

Förderung nachhaltiger Produkte: Die Ökodesign-Verordnung tritt in Kraft

Die neue Ökodesign-Verordnung wird diesen Sommer in Kraft treten. Damit geht die EU einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050.

Die Ökodesign-Verordnung fungiert als Rahmenregelungswerk, wobei spezifische Ökodesign-Anforderungen in delegierten Rechtsakten niedergelegt werden. Sie nimmt den gesamten Lebenszyklus eines Produkts in den Fokus und erfasst 16 verschiedene Ökodesign-Kriterien für Produkte, die in weiteren Rechtsakten spezifiziert werden. Während die noch geltende Ökodesign-Richtlinie sich lediglich auf die Verbesserung der Ressourcen- und Energieeffizienz energieverbrauchsrelevanter Produkte richtet, wurde der Anwendungsbereich der neuen Verordnung deutlich ausgeweitet mit der Folge, dass alle Produktgruppen – ausgenommen Lebensmittel, Futtermittel, Arzneimittel, lebende Organismen und Kraftfahrzeuge – zukünftig von der Verordnung reguliert werden.

Digitaler Produktpass

Eine der wohl praxisrelevantesten Neuregelung der Verordnung ist die Einführung des digitalen Produktpass (DPP), der neben einem Ökodesign-Label und einem Reparierbarkeitsindex die Informationsanforderungen für Verbraucher*innen enthalten soll und neue Transparenzstandards setzt. Der DPP soll durch das Scannen eines Datenträgers, wie z.B. eines Wasserzeichens oder QR-Codes, im besten Fall auf dem Produkt selbst oder dessen Verpackung bzw. auf einem Etikett, leicht zugänglich sein. Die in dem DPP gespeicherten Daten sollen dezentral aufbereitet und hochgeladen werden und über Sicherungskopien bei einem unabhängigen Produktpass-Dienstleister – etwa für den Fall einer Insolvenz – gesichert werden. Der Prozess zur Erarbeitung einer sektorübergreifenden Definition und Beschreibung der Vorgaben für den Digitalen Produktpass, die Definition eines branchenübergreifenden Produktdatenmodells und die Erarbeitung entsprechender Normen und Standards für die weitere Entwicklung des Digitalen Produktpasses und seines Ökosystems läuft auf europäischer wie auch nationaler Ebene auf Hochtouren, um die europäische und internationale Interoperabilität zu fördern.

Flankierend dazu errichtet die EU-Kommission bis zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung, voraussichtlich bis Mitte 2026, ein digitales Produktpassregister, indem mindestens die Produktkennung gespeichert wird und somit bspw. Zollbehörden die Möglichkeit erhalten, das Vorhandensein eines digitalen Produktpasses zu überprüfen. Weitere verpflichtend zu speichernde Produktdaten werden in delegierten Rechtsakten geregelt.

Erlass delegierter Rechtsakte

Die Europäische Kommission hat sich selbst einen Arbeitsplan zur Erarbeitung der ersten „neuen“ delegierten Rechtsakte auferlegt, der folgende Produkte und Produktgruppen priorisiert: Eisen und Stahl, Aluminium, Textilien, Möbel, Reifen, Wasch- und Anstrichmittel, Schmierstoffe und Chemikalien, Elektronikgeräte sowie energieverbrauchsrelevante Produkte für die erstmals Ökodesign-Anforderungen festzulegen sind und für bestehende Durchführungsmaßnahmen der Ökodesign-Richtlinie, die im Rahmen der neuen Verordnung zu überprüfen sind. Darunter fallen beispielsweise auch Kühlschränke oder Küchenmöbel. Die Ausarbeitung der Ökodesign-Anforderungen erfolgt durch das Ökodesign-Forum, eine Sachverständigengruppe von Bevollmächtigten der Mitgliedstaaten. Für Produkte, die nicht vom Arbeitsplan oder delegierten Rechtsakten umfasst sind, besteht für die Industrie die Möglichkeit Selbstregulierungsmaßnahmen zu treffen. Diese müssen bestimmten Kriterien genügen und werden von der EU-Kommission überprüft, zudem kann die Kommission für nicht abgedeckte Produktaspekte selbst Regelungen vornehmen.

Übergangsfristen & Ausblick

Grundsätzlich wird die Ökodesign-Verordnung ab ihrem Inkrafttreten die noch geltende Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG vollständig ablösen und erste delegierte Rechtsakte, die die spezifischen Ökodesignanforderungen für Produkte und Produktgruppen enthalten, werden bereits 12 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung erwartet (siehe https://lnkd.in/dNVTVu7q). Allerdings gelten bestimmte Regelungen der Ökodesign Richtlinie (u. a. zur Konformitätsbewertung) und die für die einzelnen Produktgruppen erlassenen Durchführungsverordnungen so lange fort, bis sie durch die neuen delegierten Rechtsakte aufgehoben werden.

Obwohl erst 2025 mit dem Erlass erster produktspezifischer Regelungen zu rechnen ist, sollten Unternehmen sich bereits jetzt und soweit wie möglich mit den für ihre Produkte sehr wahrscheinlich geltenden Nachhaltigkeitsstandards vertraut machen und auf einer faktischen Ebene bereits jetzt die erforderlichen IT-Infrastrukturen schaffen, die erforderlich wird, um den digitalen Instruktionsanforderungen im DDP nachkommen zu können.

 

Weiterführende Quellen:

 

Update EUDR- Anforderungen an entwaldungsfreie Lieferketten gelten bereits Ende dieses Jahres

Newstext: Die EUDR steht in den Schlaglöchern

Derzeitiger Stand

Bereits am 29. Juni 2023 trat die Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten in Kraft (wir berichteten). Geltungsbeginn für Nicht-KMU ist der 30. Dezember 2024. Kleinst- und Kleinunternehmer müssen erst ab dem 30. Juni 2025 die entsprechenden Regeln umsetzen. Ab diesem Zeitpunkt müssen die in der EU in Verkehr gebrachten, bereitgestellten oder ausgeführten erfassten Erzeugnisse entwaldungsfrei, diese entsprechend den Vorschriften des Erzeugerlandes erzeugt worden sein und eine entsprechende Sorgfaltserklärung vorliegen.

Bis zum 30.12.2024 wird die EU-Kommission das Länder-Benchmarking-System vorlegen, in dem die Länder je nach Entwaldungsrisiko eingestuft werden. Je nach Einstufung werden entsprechende Marktüberwachungskontrollen durchgeführt und unterschiedliche Sorgfaltsanforderungen gestellt.

Aktuelle Entwicklung

Die EU erarbeitet derzeit Leitlinien und Benutzerhandbücher zur Umsetzung der Verordnung, in denen bestimmte Aspekte wie die landwirtschaftliche Nutzung, die Legalität und Zertifizierung näher erläutert werden. Dabei soll teilweise auf bestehende Leitlinien zurückgegriffen und zusätzlich rohstoffspezifische Informationen aufgenommen werden. Für das System zur Erfassung von Sorgfaltserklärungen ist zunächst eine Testphase vorgesehen. Darüber hinaus hat die Kommission bereits ein FAQ-Dokument veröffentlicht, das bei der Umsetzung der Verordnung helfen sollen. Die in Deutschland für den Import und Export zuständige Marktüberwachungsbehörde „BLE“, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, erarbeitet derzeit ein Bewertungs- und Kontrollprogramm für die EUDR. Für relevante Rohstoffe und Produkte, die innerhalb des Marktes bereitgestellt werden, sind die Landesbehörden zuständig.

Parallel dazu wurde im letzten Jahr die Initiative „Team Europe“ („TEI“) für entwaldungsfreie Wertschöpfungsketten zur Förderung der Zusammenarbeit mit den Erzeugerländern gestartet, um eine Plattform zur Koordinierung der Maßnahmen zu bilden und technische Hilfe zur Rückverfolgbarkeit leisten. Die EU-Beobachtungsstelle für Entwaldung und Waldschädigung wird den Zugang zu Informationen über Lieferketten erleichtern, indem bestehende Überwachungsinstrumente, wie Copernicus als auch andere private und öffentliche Daten zur Waldüberwachung mit einbezogen werden.

Ausblick

Bei der Anwendung und Umsetzung der Verordnung ist im Blick zu behalten, dass die Kommission die Liste der erfassten Erzeugnisse in Anhang I der Verordnung ändern und somit erweitern kann. Ebenso wird innerhalb von 2 Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung geprüft, ob der Anwendungsbereich der Verordnung auf weitere Rohstoffe ausgedehnt werden soll. Darüber hinaus ist am 20.05.2024 die Richtlinie zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt in Kraft getreten, nach der künftig auch Verstöße gegen die Vorgaben der EUDR strafrechtlich verfolgt werden können, um die Einhaltung der neuen Verordnung effektiv durchzusetzen.

 

Weiterführende Quellen:

 

 

  1. Update Stoffrecht

Newstext: Änderung des Chemikaliengesetzes- verpflichtende SCIP-Meldung

News:

Mit Wirkung zum 24.11.2023 wurde das deutsche Chemikaliengesetz geändert. § 16f Chemikaliengesetz enthält nun einen Katalog an Informationen, die mittels der SCIP-Datenbank bereitgestellt werden müssen – dies muss unverzüglich, nachdem das Produkt in Verkehr gebracht wurde, geschehen. Wer diese Pflicht nicht erfüllt, kann mit Bußgeldern bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Nun sind Informationen wie bspw. der Konzentrationsbereich des Stoffes im Erzeugnis, die Material- und Gemischkategorie oder auch die Komponenten bei einem komplexen Gegenstand mitzuteilen.

Gesteigerte Informationspflichten in der Lieferkette

Die elektronische SCIP-Datenbank enthält Informationen zu besonders besorgniserregenden Stoffen. Dabei steht SCIP für „substances of concern in products“. Unternehmen, die Erzeugnisse in der EU auf den Markt bringen und die besonders besorgniserregende Stoffe beinhalten, müssen dies der ECHA, der europäischen Chemikalienagentur, übermitteln und in der Datenbank erfasst werden. Inzwischen gibt es eine Kandidatenliste von 240 besonders besorgniserregenden Stoffen, bzw. Chemikaliengruppen, die Mensch und Umwelt gefährden. Diese Liste wird stetig aktualisiert und erweitert.

Ziel der Datenbank ist es, Produkte, die sich nicht oder nur eingeschränkt für Recycling eignen, zu identifizieren und einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen. Außerdem soll der Anteil gefährlicher Stoffe in Materialien und Produkten reduziert werden und Informationen über den gesamten Produktlebenszyklus zur Verfügung stehen. Diese Informationen sollen den Entsorgungsunternehmen und den Verbrauchern zur Verfügung stehen.

Verpflichtende SCIP-Meldung

Unter der europäischen Chemikalien-Verordnung „REACH“ haben Unternehmen, die bestimmte besorgniserregende Stoffe in der EU in Verkehr bringen, gesteigerten rechtlichen Pflichten zu genügen. Dies ist der Fall, wenn der besorgniserregende Stoff in der Kandidatenliste der ECHA, der europäischen Chemikalienagentur aufgeführt wird und ein Erzeugnis einen in der Liste aufgeführten Stoff in einer Konzentration von mehr als 0,1% (Gewichtprozent) enthält. Weiterhin müssen Lieferanten und ihren Kunden Informationen zur sicheren Verwendung der Stoffe mitteilen. Im Rahmen des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft zur Erreichung der Ziele des Green Deal in der EU wurde die Einführung der SCIP-Datenbank in der aktualisierten Abfallrichtlinie beschlossen, so dass seit Anfang 2021 Hersteller und Lieferanten verpflichtet sind, Informationen an die SCIP-Datenbank zu übermitteln. Die Abfallrichtlinie wurde nun überarbeitet und die Neuerung der verpflichtenden SCIP-Meldung im deutschen Recht im Chemikaliengesetz aufgenommen.

Auswirkungen für die Praxis

Unternehmen müssen nun erhöhte Transparenzpflichten erfüllen, entsprechende Informationen in der Lieferkette einholen und diese ordnungsgemäß in die SCIP-Datenbank eingeben. Die Neuregelung führt zu einem Standortnachteil für deutsche Unternehmen, da vergleichbare Regelungen in anderen EU-Mitgliedstaaten bislang nicht existieren und neben dem bürokratischen Aufwand auch der Zeitdruck zur Bußgeldvermeidung steigt.

 

 

Weitere Quellen: