AMK Legal News powered by reuschlaw Q3/2023

A. Verpackungsverordnung

Als weiterer Baustein zur Erreichung der Ziele des Green Deal, befindet sich die neue Verpackungsverordnung im Gesetzgebungsverfahren, die künftig die Verpackungsrichtlinie ablösen und somit die Verpackungsregeln in der EU stärker harmonisieren soll.

Verpackungsrecht in der EU

Derzeit gilt in der EU die Verpackungsrichtlinie von 1994, die durch das deutsche Verpackungsgesetz in nationales Recht umgesetzt wurde. Die EU-Kommission hat am 30.11.2022 einen Entwurf für eine Verpackungsverordnung veröffentlicht. Durch die unmittelbare Anwendbarkeit der Verordnung in allen EU-Mitgliedstaaten werden nationale regulatorische Alleingänge vermieden, die bereits durch nationale Regelungen u.a. in Spanien, Italien und Frankreich entstanden sind.

Im Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft wurde das Ziel formuliert, dass bis 2030 alle Verpackungen im Binnenmarkt wiederverwendbar oder recyclingfähig sind. Adressiert werden Erzeuger, Bevollmächtigte, Importeure und Vertreiber. Auch Lieferanten, Fulfillment-Dienstleister und Marktplätze sollen in die Pflicht genommen werden. Abgedeckt werden soll der gesamte Lebenszyklus von Verpackungen und erfasst werden alle Verpackungen, unabhängig vom Material und der Verpackungsart.

Schwerpunkte der Verordnung sind die Abfallvermeidung, die stoffliche Zusammensetzung der Verpackung sowie Angaben zur Wiederverwendbarkeit. Darüber hinaus werden gesteigerte Informationspflichten eingeführt, so dass Hersteller und Importeure künftig ihren Namen und ihre Kontaktdaten sowie eine Serien- und Chargennummer auf der Verpackung anbringen müssen. Weiterhin soll die erweiterte Herstellerverantwortung durch eine finanzielle Beteiligung der Hersteller an der Sortierung und Entsorgung der von ihnen in Verkehr gebrachten Produkte einen stärkeren Anreiz für eine nachhaltige Produktverpackung und die verstärkte Herstellung von Verpackungen aus PCR-Materialien, d. h. aus Abfällen des Endverbrauchers, schaffen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens sind noch zahlreiche Änderungen zu erwarten. Geplant ist die Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für Sammel-, Pfand- und Rücknahmesysteme sowie Wiederverwendungssysteme.

Vertragsverletzungsverfahren Frankreich: TRIMAN-Logo und Info-Tri

Ergänzend zu den aus der Verpackungsrichtlinie geltenden Verpackungsvorgaben hat Frankreich spezielle, nationale Kennzeichnungsregelungen eingeführt. Demnach müssen Haushaltsprodukte, die der erweiterten Herstellerverantwortung unterfallen, mit dem TRIMAN-Logo und dem Info-Tri gekennzeichnet werden. Das TRIMAN-Logo weist darauf hin, dass es Sortiervorschriften für das jeweilige Produkt gibt, und das Info-Tri-Logo, welches die konkrete Produktsortierung vorgibt. Im Februar 2023 wurden von der EU-Kommission die ersten Schritte eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Frankreich eingeleitet, da die Verpflichtung zur Anbringung des TRIMAN-Logo und des Info-Tri nach Ansicht der Kommission den Binnenmarkt und den freien Warenverkehr behindere, von den Vorgaben der Verpackungsrichtlinie nicht gedeckt sei und der nationale Alleingang von Frankreich der Kommission nicht angezeigt wurde. Frankreich wurde bereits aufgefordert, die nationalen Verpackungsvorschriften zu ändern bzw. aufzuheben, hat sich zu dieser Forderung jedoch bisher nicht geäußert. Es ist wahrscheinlich, dass sich daher der EuGH mit dem Verfahren befassen wird. Im Ergebnis kann ein erstrittenes Urteil gegen Frankreich jedoch nur finanzielle Sanktionen nach sich ziehen, da es aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips allein dem französischen Gesetzgeber obliegt, die Kennzeichnungsvorschriften zu ändern.

Die neue Verpackungsverordnung

Im Einklang mit dem Grünen Deal enthält der neue Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft die Verpflichtung, die grundlegenden Anforderungen an Verpackungen zu verschärfen, damit alle Verpackungen bis 2030 wiederverwendbar oder recyclingfähig sind, und andere Maßnahmen in Betracht zu ziehen, um Verpackungen und Verpackungsabfälle zu verringern, die Gestaltung zur Wiederverwendung und die Recyclingfähigkeit von Verpackungen zu verbessern, die Komplexität von Verpackungsmaterialien zu verringern und Anforderungen an den Rezyklatanteil in Kunststoffverpackungen einzuführen. Er verpflichtet die Kommission zu prüfen, ob eine EU-weite Kennzeichnung eingeführt werden kann, die die korrekte Trennung von Verpackungsabfällen an der Quelle erleichtert. Dementsprechend enthält der Verordnungsvorschlag den Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von Verpackungen, die den Kennzeichnungs- und Informationsanforderungen der Verpackungsverordnung zur Materialzusammensetzung, zur Wiederverwendbarkeit und ggf. zum Rezyklatanteil entsprechen, nicht verbieten, einschränken oder behindern dürfen. Dies soll gemäß dem Kommissionsvorschlag auch dann gelten, wenn die Mitgliedstaaten zusätzliche nationale Nachhaltigkeitsanforderungen oder Informationsanforderungen regulieren, die über die Vorgaben der Verpackungsverordnung hinausgehen (vgl. Art. 4 Abs. 3, Abs. 4). Darüber hinaus sind nationale Kennzeichnungsvorschriften auch in Bezug auf die Angaben zum Regime der erweiterten Herstellerverantwortung oder zum Pfand- und Rücknahmesystem des Mitgliedstaats möglich, die jedoch ebenfalls unter dem Behinderungsverbot des Artikel 4 des Verordnungsvorschlags stehen dürfte.

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, welche Kennzeichnungsvorgaben der finale Verordnungstext bereithalten wird, der spätestens in Q2/2024 in Kraft treten dürfte. Und auch den Durchführungsrechtsakten mit Vorgaben für die harmonisierten (digitalen) Verpackungs-Kennzeichnungsformate wird mit großem Interesse entgegengesehen. Soweit derzeit ersichtlich, bleiben nationale Kennzeichnungsbesonderheiten wie das TRIMAN Logo und der Info-Tri auch nach dem Inkrafttreten der Verordnung grundsätzlich möglich. Für die Anordnung von Marktmaßnahmen in Bezug auf Verpackungen, die zwar den Vorgaben der Verpackungsverordnung, nicht aber den nationalen Kennzeichnungs-vorgaben entsprechen, dürften den mitgliedstaatlichen Behörden jedoch die Hände gebunden sein.

Wir werden berichten.

Weiterführende Quellen:

 

B. Übersicht Produkthaftungsrichtlinie

Die geltende Produkthaftungsrichtlinie aus dem Jahr 1985, die in Deutschland durch das Gesetz über die Bereitstellung von fehlerhaften Produkten (ProdHaftG) in nationales Recht überführt wurde, ist aufgrund der rasanten Entwicklungen rund um die Digitalisierung und die Entwicklung künstlicher Intelligenz stark überarbeitungsbedürftig. Die geplante neue Richtlinie soll die bisherige Richtlinie in Zukunft vollständig ersetzen.

Gesetzgebungsverfahren

Der Vorschlag der Kommission für eine neue Produkthaftungsrichtlinie wurde am 28.09.2022 veröffentlicht und befindet sich derzeit in der ersten Lesung. Inhaltlich hält die neue Produkthaftungsrichtlinie einige Neuerungen bereit, über die wir nachstehend informieren wollen.

Die Neuerungen der Produkthaftungsrichtlinie im Überblick

Neu und bahnbrechend ist – nach langwierigem juristischem Diskurs – die Erweiterung des Produktbegriffst und die Qualifizierung von Software als Produkt, und zwar völlig unabhängig davon, ob sie in verkörperter oder eingebetteter Form oder „over the air“ bereitgestellt wird. Somit haften Hersteller zukünftig auch für bereitgestellte, nicht notwendigerweise herstellereigene Software. Dasselbe gilt im Einklang mit dem seit dem 01.01.2022 geltenden Gewährleistungsrecht für so genannte „digitale Dienste“, soweit sie derart in ein Produkt integriert wurden, dass dieses ohne die digitalen Dienste seine Funktion nicht erfüllen kann. Zu denken ist in diesem Kontext an alle Smart Home Applikationen wie Smart Watches, Smarte Staubsauer oder Smarte Rasenmäher, die ohne die integrierte Software schlicht funktionslos wären.

Doch auch der Kreis der Haftenden wurde im Sinne des umfassenden Verbraucherschutzes erweitert: So haften – wie ein Hersteller und ohne Verschulden – künftig auch Fulfillment-Dienstleister, Bevollmächtigte und unter bestimmten Voraussetzungen auch Händler oder Betreiber von Online-Marktplätzen. Eine Haftung wird jedoch auch für die natürliche oder juristische Person fingiert, die ein Produkt wesentlich verändert, also derart modifiziert, dass bestehende Risiken erhöhte oder neue Risiken erschaffen werden. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass zukünftig auch der Verlust von Daten als ersatzfähiger Schaden eingestuft wird und die bisher geltenden Haftungshöchstgrenzen ersatzlos gestrichen wurden, so dass Hersteller künftig in unbegrenzter Höhe haften werden.

Neuerungen gibt es auch bei der Rechtsdurchsetzung. Grundsätzlich muss der Kläger den Produktfehler, den Schaden und den Kausalzusammenhang zwischen beiden beweisen. Die Fehlerhaftigkeit und der Kausalzusammenhang können jedoch vermutet werden, wenn die Beweisführung für den Kläger aufgrund der technischen Komplexität unverhältnismäßig und schwierig ist, was insbesondere bei der Entstehung von Produktfehlern durch KI-Systeme denkbar sein wird. Zu Gunsten der Geschädigten wurden darüber hinaus weitgehende Offenlegungspflichten des Herstellers (als Beklagten) normiert, die sich nur schwer mit dem in national deutschen prozessualen Beibringungsgrundsatz vereinen lässt.

Die Haftungsbefreiung des Herstellers ist weiterhin ausgeschlossen, wenn der Fehler zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht vorhanden oder erkennbar war. Dieser Grundsatz wird jedoch eingeschränkt, wenn später auftretende Fehler auf einen Fehler in der Software zurückgeführt werden können, die der Hersteller beherrscht. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen der Hersteller seiner Aktualisierungspflicht durch Software-Updates nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen ist.

Zeitgleich mit dem Entwurf der neuen Produkthaftungsrichtlinie wurde der Entwurf der KI-Haftungsrichtlinie veröffentlicht, die die außervertragliche verschuldensabhängige Haftung abdeckt. Die beiden Richtlinien werden nebeneinander bestehen, wobei die neue Produkthaftungsrichtlinie auch für KI-Systeme gelten wird.

Ausblick

Derzeit wird der Entwurf im Parlament und Rat beraten. Nach Inkrafttreten der neuen Regelung wird es voraussichtlich eine Übergangszeit von 12 Monaten geben, bis die Mitgliedstaaten die Regelung in nationales Recht umgesetzt haben müssen. Fest steht jedoch, dass die neue Richtlinie zu einer deutlichen Verschärfung des Haftungsregimes führen wird, das auf nationaler Ebene im ProdHaftG abgebildet wird.

Weiterführende Quellen:

 

C. Cybersicherheit für Maschinen

Moderne Maschinen sind in der heutigen Industrie 4.0 in der industriellen wie auch der privaten Nutzung vernetzt und mit IT-Systemen ausgestattet. Dadurch lauern zahlreiche Risiken, die bereits in der Konstruktionsphase ermittelt und umfassend bewertet werden müssen. Denn durch das unrechtmäßige Eingreifen Dritter in eine vernetzte Maschine drohen verheerende Folgen wie Datenfälschungen und Datenverlust, Produktionsausfälle, Unfälle, hohe finanzielle Verluste und Reputationsschäden, die nicht messbar sind.

Rechtlicher Rahmen

Der regulatorische Rahmen für die Implementierung der Sicherheit in Bezug auf neue Technologien wurde in Bezug auf Software und KI deutlich ausgeweitet. Unternehmen können bei Rechtsverstößen im Zusammenhang mit einem Cyberangriff hohe Bußgelder durch Aufsichtsbehörden oder auch Schadensersatzansprüche von Kunden oder Dritten drohen. Abhängig von der Art der betroffenen Maschine gelten neben den Vorgaben der neuen Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 und der Produktsicherheitsverordnung (EU) 2023/988 auch die künftige KI-Verordnung oder auch der Cyber Resilience Act.

Einsatz von Software in Maschinen

Gemäß den Vorgaben der am 19.07.2023 in Kraft getretenen Maschinenverordnung umfasst die Sicherheit von Maschinen zukünftig neben der materiellen Maschinensicherheit auch die Cyber-Sicherheit der integrierten Software und Daten vor Fälschungen und Cyberattacken. Nachweise für einen rechtmäßigen oder unrechtmäßigen Eingriff in die Software der Maschine müssen herstellerseitig ermöglicht und maschinell erfasst werden. Auch in Bezug auf die Sicherheit von Maschinensteuerungen sind diese so zu gestalten, dass ein Fehler in der Software nicht zu Gefährdungssituationen führt.

Fazit

Die neuen Vorgaben zur Herstellung der Maschinensicherheit gelten auch für Hersteller von Möbeln, die motorisch betrieben werden können und / oder in Smart Home Applikationen betrieben werden sollen. Die Maschinenverordnung gilt ab dem 20.01.2027 in allen Teilen verbindlich, so dass sich die Hersteller bereits jetzt auf die neuen Anforderungen einstellen sollten.

Weiterführende Quellen: